Klaus Weber

Portrait Klaus Weber
Klaus Weber © Edina Eydel
Klaus Weber wurde 1967 in Sigmaringen geboren.
Er lebt und arbeitet in Berlin.

Weitere Informationen: Website von Klaus Weber

Sie haben Sigmaringen nach der Schule und dem Zivildienst bei der ersten Gelegenheit verlassen. Warum?
Mittlerweile habe ich meinen Frieden mit Sigmaringen geschlossen, aber damals empfand ich es als engstirnig und stickig. Ich erinnere mich an einen Mythos, der mir als Kind im wunderschönen Landschaftspark, dem Fürstlichen Park Inzigkofen, bei Sigmaringen zum Amalienfelsen erzählt wurde. Die Legende ging, dass Amalie Zephyrine von Salm-Kyrburg dort mit ihrem Pferd gestürzt und gestorben sei. Tatsache ist, dass sie Sigmaringen als piefig und provinziell empfand und es dort nicht aushielt, ihren Mann und ihr kleines Kind verlassen hat und als Mann verkleidet aus Sigmaringen geflohen ist, um in Paris zu leben. Während meiner ganzen Schulzeit in Sigmaringen haben wir über diese ambivalente, schillernde und komplexe Persönlichkeit nie gesprochen. Ebenso wurde im Geschichtsunterricht nie darüber gesprochen, dass das Schloss Sigmaringen ab September 1944 bis zum Kriegsende Regierungssitz der mit Nazi-Deutschland verbündeten französischen Exilregierung war, obwohl das Schloss in Sigmaringen allgegenwärtig ist.

Dann sind Sie nach Berlin umgezogen und haben Ihr Studium 1995 an der Universität der Künste abgeschlossen.
Meinen Abschluss habe ich als Tutor der Freien Klasse gemacht. 1989 habe ich mein Studium an der HdK (jetzt UdK) aufgenommen und bin dann schon etwa ein Jahr später in die Freie Klasse gegangen, die ehemalige Klasse Hrdlicka, wo ich Klassensprecher wurde, als sich die neue Generation der Klasse etabliert hatte. Wir haben es geschafft, einen durchgehenden Etat zu bekommen, um unsere Lehre selbst zu organisieren, und konnten damit unter anderem die Künstlergespräche etablieren, zu denen wir Künstler wie Joseph Kosuth oder Renée Green zu Lectures und Workshops eingeladen haben.

Gab es nach dem Studium einen entscheidenden Wendepunkt in Ihrer Karriere?
Das war 2003, als ich nach London gegangen bin. Im Ausland hatte ich das Gefühl, dass ich mich noch einmal neu erfinden kann. Bis dahin hatte ich beispielsweise eine Zusammenarbeit mit Galerien abgelehnt. Mich hatte stärker interessiert, in den Öffentlichen Raum zu gehen, etwas im Kino oder Radio zu machen oder in Wohnungen auszustellen. Bei Galerien hatte ich den Eindruck, dass ich nach dem Motto „preaching to the converted“ nur die erreiche, die so oder so schon längst einen Zugang zur Kunst haben. Erst seit dem Jahr 2003 finde ich Galerien auch als Ausstellungsorte interessant. In dem Jahr begann meine Zusammenarbeit mit der Andrew Kreps Gallery in New York und der Galerie Herald St in London.

In der Ausstellung zeigen wir eine “Clock Rock“, die mir, passend zum Thema der Ausstellung, als humorvoll absurde Anspielung auf eine Kuckucksuhr gefällt. Wie ist die Idee dazu entstanden?
Ich habe ein erstes Exemplar im Jahr 2015 gemacht, als ich gerade wieder für ein Jahr in London gelebt habe. Da lag ein Steinbrocken vor meinem Atelier, wahrscheinlich ein Teil von der Fassade, so grob abgebrochen, dass er fast etwas Natürliches hatte. Den habe ich ins Atelier geschleppt und ein Pendel daran befestigt. Das war der Prototyp. Am Stadtrand von London gab’s eine „Rockery“. Dort habe ich mir weitere Steine ausgesucht, fotografiert und gemessen. Damit sind nach Bedarf weitere Exemplare hergestellt worden. Die “Clock Rock“ entspricht genau meiner Vorstellung von künstlerischen Arbeiten, die ich schätze: Dinge, die ganz schlicht und schnell erschließbar sind und zugleich eine große Tiefe haben. Alle meine Arbeiten habe ich mir in einer Art Schwerelosigkeit ausgedacht. Erst danach überprüfe ich, ob die Idee plausibel ist sich gut umsetzen lässt. Im Kern geht es bei der “Clock Rock“ wie bei einem Monument um Zeit, Ewigkeit und unseren pathetischen Umgang mit Erinnerung. Gleichzeitig wird der Zeitbegriff relativiert. Es gibt im Deutschen den Ausdruck „steinalt“ für ein fast unmessbares Alter. Und im Kontrast zu dieser Zeitlosigkeit bewegt sich das Pendel im schnellen Takt, als ob die Zeit messbar wäre.

Klaus Weber wird von der Andrew Kreps Gallery, New York, sowie Herald St, London, vertreten. Wir danken für die Kooperation.
Abbildung: „Clock Rock” und „Brick Shoes” von Klaus Weber (in der Mitte und rechts)

Abbildung: „Clock Rock” und „Brick Shoes” von Klaus Weber (in der Mitte und rechts)